Der Erhalt einer Rechnung mit allen Pflichtangaben ist wichtig, da ein Unternehmer ansonsten die gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer abziehen kann. Häufig werden unvollständige Rechnungen erst bei einer Nachschau oder Betriebsprüfung durch das Finanzamt, zum Teil einige Jahre später, festgestellt.
In der Praxis geht es dann darum, wann die Vorsteuer geltend gemacht werden kann? Im Zeitpunkt des Erhalts der ursprünglichen (falschen) Rechnung oder erst im Zeitpunkt, wenn tatsächlich eine berichtigte vollständige Rechnung vorgelegt wird? Der Unterschied liegt in der Verzinsung, wenn die Veranlagung des ursprünglichen Jahres geändert wird. In diesem Fall erhöht sich die Steuerzahlung, was eine Verzinsung von 6 % p.a. auslöst. Die Steuernachzahlung wird regelmäßig kompensiert, wenn im aktuellen Jahr der Betriebsprüfung eine vollständige Rechnung vorgelegt werden kann und somit final der Vorsteuerabzug möglich ist.
Der Europäische Gerichtshof hat zu dieser Frage einen Fall entschieden
Eine Rechnungsberichtigung kann danach auch rückwirkend Wirkung entfalten. Die bisherige Auffassung der deutschen Finanzverwaltung steht diesem Urteil entgegen, womit eine Änderung zu erwarten ist.
Diese Rückwirkung gilt nach dem EuGH nur im Fall der Korrektur, nicht bei Vorlage einer erstmaligen Rechnung. Im entschiedenen Fall hatte das Finanzamt bei einer deutschen GmbH mangels Steuernummern oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummern auf Eingangsrechnungen den Vorsteuerabzug gekürzt. Die während der Betriebsprüfung vorgelegten korrigierten Rechnungen wurden durch das Finanzamt nicht mit rückwirkender Wirkung anerkannt. Klar ist nunmehr, dass diese Sichtweise der deutschen Finanzverwaltung nicht mit Europarecht vereinbar ist. Die Mitgliedsstaaten dürfen zwar Sanktionen vorsehen, wenn formelle Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug nicht eingehalten werden. Jedoch ist eine pauschale Versagung des Vorsteuerabzugs unzulässig, da die Sanktion in Form der Verzinsung unangemessen ist.
Quellen: EuGH-Urteil vom 15. September 2016 (Az. C-518/14), Bildnachweis: shutterstock, style-photography